Wie lassen sich digitale Gesundheits-Apps patentieren? – 5 wichtige Punkte

Da die technischen Möglichkeiten von Smartphones rasant zunehmen, steigt auch die Zahl der verfügbaren Apps. Die Verarbeitungs- und Sensortechnologien werden immer ausgefeilter und damit auch die Anwendungsmöglichkeiten. Ein besonders interessanter Bereich sind digitale Gesundheits-Apps, die es in den verschiedensten Formen gibt, vom Ernährungstracker bis zum Meditationsassistenten.

Viele der auf dem Markt befindlichen digitalen Gesundheits-Apps haben inzwischen Millionen von Nutzern. Daher ist es wichtiger denn je, dass Unternehmen, die diese Apps entwickeln, ihre Innovationen schützen. In diesem Blog gehen wir auf die Möglichkeiten ein, wie Erfinder von digitalen Gesundheits-Apps beim Europäischen Patentamt (EPA) Patentschutz für ihre Apps erhalten können. In den Blogs »Five things you (really) need to know about patenting software in Europe« und »Software inventions at the European Patent Office: an in-depth study« von James Leach zeigen wir, welche Aspekte zu beachten sind, wenn man überlegt, eine softwarebasierte Erfindung zum Patent anzumelden. Wir werden dies hier weiterführen und dabei insbesondere auf digitale Gesundheits-Apps eingehen.

Die folgenden fünf Punkte verdeutlichen einige der wichtigsten Überlegungen bei der Frage, ob Sie für Ihre digitale Gesundheits-App Patentschutz beantragen sollten:


1. Welche Funktion der App ist neu?
Ganz allgemein gesehen nehmen alle digitalen Gesundheits-Apps bestimmte Eingabedaten auf und verarbeiten diese zu einer informativen Ausgabe. Zunächst sollte man sich fragen, in welchem dieser Schritte neue Funktionen geboten werden. Nimmt die App eine Eingabe auf eine neue Art und Weise entgegen? Kommt eine neue Art der Eingabedatenverarbeitung zur Anwendung? Bietet die Aufbereitung der Ausgabe neue Features?


2. Gibt es eine »technische« Neuerung, die in Verbindung mit dem neuen Merkmal steht?

Wie James Leach in seinem Blog erwähnt, gibt das EPA keine konkreten Hinweise darauf, in welchem Sinne »technisch« zu verstehen ist. Die folgenden (nicht abschließenden) Beispiele für Prozesse, die zentrale Bestandteile von digitalen Gesundheits-Apps sein können, werden vom EPA jedoch wahrscheinlich als technisch angesehen:

  • Die Verwendung eines neuen Sensortyps in Verbindung mit der App oder alternativ die Verwendung eines bekannten Sensors, um einen physiologischen Parameter auf eine neue Art und Weise zu erfassen (z. B. die Verwendung des Fingerabdrucksensors eines Mobiltelefons, um den Blutfluss zu erkennen, oder die Verwendung des Mikrofons, um die Atmung eines Benutzers zu erfassen).

  • Eine neue Art der Verarbeitung von Eingabedaten. Zum Beispiel führt die Analyse des Fotos einer Hauterkrankung mit einem neuen Bildverarbeitungsalgorithmus zu einer genaueren Diagnose der Erkrankung. In einem Krankenhaus könnte ein verbesserter Bildverarbeitungsalgorithmus z. B. auf Röntgen- oder MRT-Bilder angewendet werden.

  • Dies ist natürlich nicht auf Bildverarbeitung beschränkt. Wenn die Analyse medizinischer Daten mit neuen Algorithmen zu einer nachweisbaren Verbesserung z. B. bei der Diagnose oder der Auswahl der Behandlung führt und nachgewiesen werden kann, dass die Verbesserung auf den neuen Algorithmus zurückzuführen ist, dann würde dies vom EPA wahrscheinlich als »technisch« angesehen.

  • Die Berechnung oder Bestimmung eines neuen Ergebnisses oder einer neuen Art der Auswertung und deren Verwendung als Grundlage für eine technische Entscheidung. Zum Beispiel die Generierung eines Scores, der zur Auswahl einer Behandlungsform oder zur Erstellung einer Diagnose verwendet wird. Es ist unwahrscheinlich, dass die einfache Berechnung einer Punktzahl ausreicht – diese Punktzahl muss auch auf eine neue Weise verwendet werden.

3. Stellen Sie sicher, dass der Anspruch das technische Merkmal abdeckt und dass dessen technische Wirkung nachweisbar ist

Handelt es sich bei dem neuen Merkmal um einen bestimmten Sensortyp, der in Verbindung mit einer App verwendet wird, dann muss der Anspruch den Sensor umfassen. Handelt es sich bei dem neuen Merkmal um einen Algorithmus, so ist darauf zu achten, dass alle Merkmale des Algorithmus, die zur Erzielung des Vorteils erforderlich sind, im Anspruch enthalten sind. Führt der Algorithmus zur Generierung eines Ergebnisses zu einer verbesserten Diagnose, dann stellen Sie sicher, dass der Diagnoseschritt ebenfalls in den Anspruch aufgenommen wird (achten Sie jedoch darauf, dass der Anspruch keine Diagnosemethode wie hier beschrieben darstellt).

4. Nachweise erbringen

Heutzutage werden immer häufiger Patentanmeldungen für computergestützte Verfahren eingereicht, deren technische Wirkung sich möglicherweise nicht unmittelbar aus einem Algorithmus oder der Art und Weise, wie Daten von einem Benutzer oder Patienten gewonnen werden, ableiten lässt. Um hinreichend Argumentationsmaterial für den Nutzen einer Erfindung zu haben, ist es daher von entscheidender Bedeutung, dass die Patentanmeldung Nachweise enthält, die zeigen, dass die beanspruchte Erfindung die behauptete technische Wirkung auch erzielen kann. Im Allgemeinen gilt: je mehr Nachweise, desto besser. Wenn z. B. ein Algorithmus von der Wahl verschiedener Parameter abhängt oder die Erfassung medizinischer Daten von der Wahl verschiedener Parameter (z. B. der Abtastfrequenz) abhängt, sollte außerdem nachgewiesen werden, dass der technische Effekt über den gesamten Bereich dieser Parameter erzielt werden kann.


5. Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie sich beraten!

Unser Expertenteam verfügt über große Erfahrung in der Beratung zur Patentierbarkeit von Apps und unterstützt Sie dabei, Patentschutz für Apps in allen Technologiebereichen zu erlagen – angefangen bei der digitalen Gesundheit über Biowissenschaften bis hin zur Elektronik und Informatik. Wenn Sie Fragen haben, kontaktieren Sie uns – wir helfen Ihnen gerne weiter!

Authors

Alex Burns

Alex Burns

Alex works on all aspects of the patent application process in the electronics, physics, computer software and engineering sectors including drafting and prosecution of applications, and the handling of oppositions (both offensive and defensive) and appeals. He also has experience providing detailed opinions on infringement and validity of granted patents. His work frequently includes arguing in favour of the patentability of software and business method applications at the European Patent Office, during both the prosecution and appeal stages.

Email: alex.burns@mewburn.com

Urs Ferber author

Urs Ferber

Urs hat Erfahrung mit dem Entwurf von Patenten und deren Verfolgung vor dem Europäischen Patentamt und dem Deutschen Patent- und Markenamt, hauptsächlich im Bereich Engineering und des Medizintechnologie-Sektors. Er vertritt regelmäßig Mandanten in Einspruchs- und Beschwerdeverfahren vor dem Europäischen Patentamt und dem Deutschen Patent- und Markenamt. Urs hat ein besonderes Interesse an Optik und Mikroskopie.

Email: urs.ferber@mewburn.com